Revision

Hier ist es in letzter Zeit sehr ruhig gewesen.
Das liegt an mehreren Dingen:
Nachdem sich laufende Projekte etwas gesetzt haben (das Studio ist nutzbar, Aufträge kommen herein, usw.), ist es wieder einmal Zeit für eine Besinnung auf das, was wirklich den Kern des Wohnzimmerstudios ausmacht. Zeit also für eine turnusmäßige Überprüfung und ggf. eine daraus resultierende Revision. Um die Jahreswende herum ist sowieso etwas Zeit, traditionell ist Bilanzierung in diesen Tagen groß im Kommen. Routine also, erstmal.
Ich habe neulich meinen Namen ins Spiel gebracht, als es um die Ausschreibung zu einer Hochzeit ging. Ich mache Hochzeiten ganz gerne, bestimmt nicht aus finanziellen Gründen. Ich gab meine Kontakt- und Referenzdaten heraus und war schon etwas stutzig, dass ich dafür zwei Facebookseiten und zwei Webseiten anführen musste. Ich war dann überrascht, dass ich statt eines „Ok, überlege ich mir“ eine Rückmeldung bekam, dass auf meiner Seite ja überhaupt keine Bilder zu sehen sein. Da war ich erstmal platt, denn ich habe in der Vergangenheit wie ein Großer Beiträge geschrieben, insbesondere auf Facebook. Hier ist also dringender Handlungsbedarf.
Das ich diesen Artikel hier veröffentliche ist im Sinne des künstlerischen Projektes „Jensens Wohnzimmerstudio“ richtig und notwendig. Zugleich aber geschäftsschädigend, denn ich gebe auch Schwächen meines Modells preis. Auch hier passen Bild und Ton nicht richtig zusammen.
Ich empfinde es auch als stressend, dass zuviel Einheitssoße im Netz kursiert, beliebig und austauschbar. „Nun, dann mache doch einfach ein tolles Bild“, werdet Ihr sagen. Das funktioniert leider auch nicht richtig. Es wird entweder sofort kopiert (das ist dieses Jahr etliche Male vorgekommen). Oder es ist eine wirklich nicht alltägliche, gute Idee im Rahmen eines Workshops, dann sieht man noch Wochen später immer wieder das gleiche Bild, nur von unterschiedlichen Leuten. Bestes Beispiel sind die Schwarzlichtparties, die ich genau aus diesem Grund nicht besucht habe.
Die Trennung von Kunst und Kommerz ist noch immer nicht gelungen. Noch immer habe ich viel zu oft mich breitschlagen lassen und mich unter Wert verkauft oder Gefälligkeiten verrichtet. In der Vorweihnachtszeit war das äußerst deutlich sichtbar, der Versuch des Ausnutzens war allzu offensichtlich. Damit ist nun wirklich Schluss. Ich habe kostenfreie Shootings immer sehr gerne gemacht, merke aber, dass mich das nun sehr stresst und nervt.. Hinzu kommt eine unglaubliche Frechheit und Unzuverlässigkeit bei diesen Shootings (Ausfallquote beträgt ca 50%). Ich werde natürlich weiterhin noch Umsonst-Shootings machen, das wird dann aber ein echtes TfP und dient als reine Experimentierwiese. Das bedeutet, dass ich alleine bestimme, was auf dem Bild zu sehen ist. Mädchen-auf-Stuhl-vor-Hintergrund-Bilder wird es dann nicht mehr geben. Es wird häufiger ein Nein geben.
Überhaupt: Kunst. Ein Schritt ist mit dem besseren und behutsamen Ausnutzen von Photoshop bereits gemacht. Dieser Schritt war richtig und nötig und wird deshalb in der Zukunft sicherlich fortentwickelt. Ich werde einmal in mich hineinhorchen, welche weiteren Hilfsmittel und Techniken ich nutzen möchte.
Mich lässt Konzeptkunst nicht los. Ich bin sicher, dass dieser Zweig haargenau in den Spirit des Wohnzimmerstudios passt. Prozess-, Aktionskunst und Happenings sind genau die Dinge, die mir Freude und innere Reflektion verschaffen. Objektkunst, Bodyart und Nebengebiete sind Ausdrucksformen, die mit meiner Fotografie ganz gut harmonieren.
Gerade die Prozesskunst ist ja der Entstehungskern und Motor des Wohnzimmerstudios: Ein hedonistisches Happening bei Käsewürfeln, bei dem es nur das Hier und Jetzt gibt. Mehr davon!
Es gibt noch eine Vielzahl von weiteren, bedenkenswerten Gedankensplittern. Zudem gibt es noch weitere Dinge, die mich nerven oder die nicht optimal laufen. Darüber werde ich nun mit mir ins Gericht gehen. Ich mache das größtenteils in „Nichtöffentlicher Verhandlung“.
Was sind nun die Konsequenzen?:
– Ich nehme mir einen Monat Auszeit von sozialen Medien. Ich werde in dieser Zeit überlegen, ob ich meine Profile bei Facebook lösche, vielleicht von vorne Anfange oder überleite. Oder es auch künftig komplett ohne soziale Medien ausgestalten möchte.
– Die Auszeit bezieht sich in Teilen auch auf die Kohlenstoffwelt. Ich werde dem wöchentlichen Fototreff in dieser Zeit ebenfalls fernbleiben und auch keine Admin-Aufgaben wahrnehmen.
– Ich gehe in Klausur, gemeinsam mit weiteren Fotografen. Ich möchte mit Menschen, die ähnlich von Selbstzweifel durchdrungen sind, einen gemeinsamen Weg aus der künstlerischen Agonie finden. Wenn Du mit möchtest, als Fotograf oder als Model, schreibe mir gerne eine Mail.
– Die Webpräsenz muss überarbeitet werden. Ich habe dazu bereits eine grobe Idee. Ich werde dann irgendwann in naher Zukunft mir ein, zwei Leute zum Frühstück einladen und deren technische und künstlerische Sicht auf die Seite einholen.
– Das Portfolio soll präziser und aussagekräftiger werden. Wahrscheinlich werde ich es zweiteilen müssen und für den kommerziellen Teil ein separates anlegen. Das werde ich in den nächsten Tagen angehen.
– Es braucht neue Projektideen, die mehr in Richtung soziale Interaktion, Spaß und Schelmenhaftes gehen. Die Autogrammstunde ist ein erster Versuch dazu , einige weitere Formate sind bereits grob umrissen, müssen aber noch weiter reifen.
– Ein paar weitere Dinge bedürfen des Sortierens. Alles in allem nichts schlimmes, muss aber zumindest überdacht werden.
Wenn jemand ernsthaft und doch entspannt an diesem Reifungsprozess mitwirken möchte, zum Beispiel durch Teilnahme an der Klausur oder durch den gemeinsamen Verzehr eines Glases Rotwein, dann melde Dich gerne.
 

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